18.07.2024
Nach ner viel zu langen Zeit gibt es mal wieder ne kleine Book Review hier aufm Blog! Hab hierzu auch ein passendes YouTube-Video gedreht und veröffentlicht, falls dir also Bewegtbild mehr zusagt, dann hier entlang fürs Video!
Seth Godin: Wer ist der überhaupt?
Bevor wir direkt ins Buch einsteigen, lasst uns kurz darüber sprechen, wer Seth Godin ist.
Seth Godin ist ein US-amerikanischer Autor, Unternehmer und Marketingexperte, der bereits über 20 Bücher zu den Themen Marketing und Persönlichkeitsentwicklung veröffentlicht hat. Vielleicht kennt ihr einige seiner Bestseller wie ‚Purple Cow‘, ‚This is Marketing‘ oder ‚The Dip‚. Zu letzterem hab ich auch schon mal ne Book Review geschrieben!
Er betreibt zudem einen der weltweit beliebtesten Blogs, auf dem er täglich (!) bloggt, und ist ein gefragter Speaker, der regelmäßig auf großen Konferenzen, in Ted-Talks und Podcasts zu Gast ist. ‚The Practice‘ ist sein zweitneuestes Buch, erschienen 2020 – und das will ich heute genauer besprechen.
The Practice – Shipping Creative Work
Direkt vorab: Das Buch ist kein How to, wer also nach konkreten Anweisungen, Methoden und Antworten sucht, der wird damit nicht glücklich werden. Viel mehr ist es ein Buch, das vor allem Fragen aufwirft und zum selbst nachdenken inspiriert.
Es enthält auf 272 Seiten insgesamt 219 Kapitel und wer rechnen kann, der merkt schon, dass die Kapitel nicht sehr lang sein können. Manche Kapitel enthalten nur einige Sätze, andere sind 1-2 Seiten lang. Ich hab schon oft gehört, dass das einige Leute gestört hat, ich mags aber sehr, weil man sich das Lesen so a) richtig gut einteilen kann und auch mal zwischendurch 1-2 Kapitel lesen kann und b) weil es oft gar nicht viele Worte gebraucht hat, um bei mir eigene Gedanken anzustoßen.
Mit einigen Kapiteln konnte ich aber auch so gar nix anfangen, mit manchen dafür aber sehr viel mehr. Und weil wir natürlich nicht alle 219 Kapitel durchgehen können, hab ich meine 10 Lieblings-Stellen aus dem Buch mitgebracht. 6 längere und 4 kürzere, die ich besonders gut fand. Manche treffen mehr auf Passion Projects zu, aus manchen konnte ich eher was für meine Kundenarbeit ziehen.
10 interessante Gedanken aus "The Practice" von Seth Godin
1 Talent is not the same as skill – Talent ist nicht dasselbe wie Skill
Viele Menschen haben Talent, aber nur die wenigsten machen auch was daraus. Daher ist es auch kein Kompliment, wenn dir jemand sagt “wow, du hast so viel Talent!” – denn das negiert vollkommen die Arbeit, das Üben, das erforderlich war, um gut in dem zu sein, was wir tun.
Talent fliegt dir zu, Skill musst du dir hart erarbeiten. Und weil die wenigsten Leute das Durchhaltevermögen und den Willen haben, sich etwas “hart zu erarbeiten”, ist Skill auch wesentlich seltener und wertvoller als simples Talent.
2 Generous doesn’t mean free – Großzügigkeit bedeutet nicht automatisch kostenlos – Großzügig zu sein bedeutet nicht, dass man seine Arbeit kostenlos anbieten muss
Auch nicht die, die man gerne macht. Es geht ja darum, einen Wert für andere zu schaffen, aber gleichzeitig auch den eigenen Wert zu erkennen und zu respektieren.
Aber es ist halt so einfach, sich hinter dem “kostenlos” zu verstecken, gerade bei Passion Projects. “What did you expect? It was free…” Man schützt sich selbst vor Kritik, denn wer kann schon groß meckern, wenn er was kostenlos bekommen hat?
Das bedeutet jetzt nicht, dass man an alles immer direkt ein Preisschild hängen muss, aber in mir hat es ein paar Gedanken in Gang gesetzt und ich hab erkannt, dass ich mich ganz schön oft hinter dem “kostenlos”-Label verstecke, weil ich immer Angst davor hab, jemand könnte denken, meine Sachen sind nicht gut genug. Was ja Quatsch ist.
3 Where are the great architects? – Wo sind die großartigen Architekten?
Die meisten Architekten wollen ganz normale Häuser bauen, denn die meisten Menschen wollen in ganz normalen Häusern leben. Und dann gibt’s die Architekten, die was besonderes erschaffen wollen. Aber für solche Prachtbauten brauchst du auch Kunden, die solche Prachtbauten wollen. Und Kunden, die Prachtbauten wollen, wenden sich an Architekten, die Prachtbauten bauen. Nicht an den 08/15-Architekten, der einfache, kostengünstige Häuser baut, die in der Masse untergehen.
Für mich stecken hier zwei Sachen drin:
a) Es ist vollkommen in Ordnung, einfach nur solide Arbeit machen zu wollen, denn die allermeisten Menschen wollen und brauchen einfach nur solide Arbeit. Daran ist nichts verwerflich.
b) Wenn du aber aus der Masse herausstechen willst mit dem, was du machst, dann brauchst du auch die Kunden, die aus der Masse herausstechen wollen. Dann musst du damit leben, dass du für die meisten Kunden nicht der richtige Dienstleister bist. Und du musst damit leben, dass es nicht einfach ist, die richtigen Kunden zu finden. Aber du schaffst dann eben auch etwas Besonderes.
Nichts davon ist besser oder schlechter. Man muss nur wissen, was man will (und was man dafür tun muss).
4 The infinite Game – Das unendliche Spiel
Bei vielen Dingen im Leben geht es nicht ums gewinnen oder verlieren. Es geht ums Spielen, um den Prozess. Niemand “gewinnt” im Beruf. Niemand “gewinnt” bei Hobbies. Es geht darum, möglichst lange zu spielen und das Spiel zu genießen.
Sowohl meine Selbstständigkeit ist mehr oder weniger ein infinite Game (außer Konto is iwann voll, haha), als auch meine Passion Projects wie hier mein Blog oder auch mein YouTube-Channel. Ich bin nicht einfach irgendwann “fertig”: Ich will Spaß am Spiel haben. Möglichst „unendlich“ lange.
5 The generous critic – Der wohlwollende Kritiker
Wenn wir mit unseren Sachen, seien es eigene oder Kunden-Projekte sichtbar werden, dann wärs natürlich schön, wenn es jeder einfach bedingungslos abfeiert.
Aber so ist es ja natürlich nicht. 🥲
Vor allem im Internet hagelt es oft Kritik. Und nicht die gute, konstruktive Art, sondern die, die persönlich verletzen soll oder einfach von Leuten kommt, die deine Arbeit gar nicht verstehen und damit auch gar nicht bewerten können.
Manchmal gibt es aber auch die gute Kritik. Aus guter Kritik kann man etwas lernen und verbessern. Und diese Art von Kritik ist unendlich wertvoll. Aber natürlich auch selten.
6 Alexander’s theorem of Professional Exceptionalism (and the corollary: the creative’s failure narrative) – Alexanders Theorem des professionellen Exzeptionalismus (und die Folgerung: die Versagenserzählung des Kreativen)
Manchen Berufsgruppen fällt es sehr leicht, sich als “überdurchschnittlich gut” einzustufen. Im Buch wählt Seth Godin das Beispiel von Ärzten oder Therapeuten. Die Gründe? Es gibt 3 davon:
- Wenn Patienten zu einem Arzt wechseln, dann oft, weil sie mit dem davor unzufrieden waren. Der neue Arzt denkt sich also: „Naja, dann bin ich ja schon mal besser als der davor.“
- Wenn Patienten einfach nicht mehr kommen, dann sind sie entweder geheilt oder gehen zu einem anderen Arzt – vielleicht sind sie ja einfach umgezogen?
- Patienten können schlecht vergleichen. Vor allem Therapieplätze sind so rar, dass man jetzt nicht erstmal zu 3 verschiedenen Therapeuten gehen kann und sich dann den besten aussucht. Patienten sind oft froh, überhaupt eine Betreuung zu haben.
Es ist also ne Mischung aus: Knappes Angebot und schlechter Vergleichbarkeit.
Für Kreative sind da aber oft die genau gegenteiligen Kräfte am Werk:
- Es gibt mehr Angebot als Nachfrage.
- Weil kreative Arbeit oft mit weit verbreiteten “Werkzeugen” erstellt wird (Zeichnungen, Texte, YouTube Videos…), sind viele Leute schnell der Meinung, dass sie das auch könnten. Der Wert wird nicht anerkannt.
- Mag man z.B. Musik, dann ist man nicht nur Fan einer einzigen Band, sondern von vielen verschiedenen. Man switcht leichter zur nächsten, wenn einem der aktuelle Sound nicht mehr zusagt.
- Gerade im Internet kommt vor allem Kritik. Gefällt den Leuten was, schweigen sie einfach. Oder geben eventuell mal nen Daumen.
So, das waren jetzt 6 Kapitel, die mir besonders gut gefallen haben, aber darüber hinaus gibt es noch 4 weitere, kurze Sätze, die sich durchs Buch ziehen und mich auch irgendwie berührt haben:
7 It’s not for you – Es ist nicht für dich
Manche Projekte sind einfach nichts für jeden. Vieles ist Geschmackssache. Das ist normal und okay, wenn einem nicht alles gefällt. Um beim Musik-Beispiel zu bleiben: Wahrscheinlich gefällt dir nicht jedes Lied auf dem Album deiner Lieblingsband gleich gut – obwohls ja deine Lieblingsband ist.
Für manche Sachen ist man auch einfach nicht die Person, für die das gedacht ist. Wenn also mal wieder ein völlig unpassender Kommentar reinkommt von einer Person, die ganz klar gar nicht zur Zielgruppe gehört, dann kann man auch mal selbstbewusst sagen: Jo, Hans-Günther, das ist hier auch einfach nicht für dich gedacht.
8 Make it for someone, not everyone – Mach es für jemanden, nicht für alle
Macht man Dinge so unverfänglich, dass gar keine Kritik möglich ist, weil halt alles so flach ist, dann puh. Dann kriegt man vielleicht keine Kritik, aber dann schafft man auch keinen wertvollen Content.
Statt alles und jeden anzusprechen (was wie gesagt: gar nicht möglich ist) ist es viel einfacher, besser und wertvoller, Content für eine kleine, konkrete Masse zu machen.
9 Establish your identity by doing your work – Die eigene Identität schaffen, durchs MACHEN
Man denkt ja oft “ich kann das nicht machen, ich bin nicht kreativ”… Dabei vergisst man oft, dass es meistens genau umgekehrt ist: Man ist kreativ, weil man das macht.
Wenn ich von mir sage: Ich bin Bloggerin, ich bin YouTuberin, das ist meine Identität. Dann ist es klar, dass ich blogge, dass ich ein nächstes Video mache. Da gibt es gar keine Frage. Und mit jedem Video, mit jedem Blogpost, bestätige ich mich selbst darin, dass ich genau das bin, von dem ich sage, das ichs bin.
10 Embracing (yet) – Freu dich auf das, was noch kommt
Das hängt für mich mit dem “unendlichen Spiel” zusammen:
Wenns kein Ziel gibt, dann ist der Prozess das Ziel. Statt mich beispielsweise darüber zu ärgern, dass ich noch nicht die erfolgreichste Business-YouTuberin Deutschlands geworden bin (NOCH NICHT), kann ich mich auch darüber freuen, dass ich mit meinen Videos gestartet bin und einigermaßen regelmäßig uploade und jedes Mal was neues lerne. Das ist ja das Spannende daran.
So, das waren meine 10 Gedanken aus dem Buch “The Practice” von Seth Godin. Falls du dir meine „kleine“ Book Review lieber nochmal als Video angucken willst, kannst du das hier tun:
Und wenn du das Buch nun selbst lesen willst, dann lass ich dir hier meinen Affiliate Link da: Hier geht’s zum Buch
(Affiliate = Ich bekomme ne kleine Provision, für dich kostet es nicht mehr)
Emoji-Feedback (stimm ab!)
2 comments
Comments are closed.