Deal! Du gibst mir, was ich will!“ ist der komplette Titel dieses Buches. Ich hab es vor 2 Jahren gelesen, weil es mir mit absolut lobenden Worten empfohlen wurde (und auch überall gute Bewertungen hat), konnte die weltverändernde Wirkung aber wirklich nicht nachvollziehen. Ich hab die rund 350 Seiten eher als unangenehmes Lesevergnügen empfunden. Warum genau? Hier mehr dazu!
So machst du krasse Deals und kriegst, was du willst (nicht)
Wir verhandeln viel häufiger, als wir vielleicht glauben. Nicht nur im geschäftlichen Bereich. Wir alle verhandeln täglich mit Freunden, Familie und ja, natürlich auch mit Kund:innen. Jaja, das ist jetzt nix Neues.
Das Buch steigt mit einer sehr trockenen Definition von „Macht“ ein. Generell hab ich mich oft überhaupt nicht angesprochen gefühlt oder hatte eher den Impuls, dem Autor zu widersprechen. Beispiel?
„In der Regel ist das Gefühl der Macht sehr förderlich für Ihr Wohlbefinden. Warum sind so viele Menschen so ungern im Krankenhaus? Weil Sie dort überhaupt keine Kontrolle haben. Warum fühlen Sie sich schlechter, wenn Sie im Bus sitzen und zu spät dran sind, als wenn Sie mit Ihrem Auto fahren?“
– Ist das wirklich so? Ich fühl mich im Krankenhaus eher schlecht, weil ich dann wahrscheinlich krank bin (lol) und wenn ich zu spät komme, fühle ich mich auch schlecht, wenn ich mit den Öffentlichen anreise. Das macht für mich keinen Unterschied. Aber gut, ein anderes Beispiel:
„Sie dürfen auch nie preisgeben, wenn Sie wenig Macht haben: dass Ihre Produktion und Ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit gehen müssten, wenn der Vertrag heute platzen sollte. Geben Sie nie preis, warum Sie nicht mehr mit der Konkurrenz des anderen arbeiten. Warum? Wenn Sie seine Konkurrenz nicht mögen, hat er mehr Macht. Sagen Sie nicht, dass Sie seine Produkte großartig finden. Seine Macht muss so gering wie möglich gehalten werden.“
– Uff, okay, also warum ich generell meinem Kunden gegenüber sagen sollte, dass ich andere Agenturen nicht mag, ist mir schleierhaft. Aber, ein anfragender Kunde hat tolle Produkte? Nicht zugeben, eher „naja, ist nicht ganz scheiße“. Wow, also supercool und abgebrüht sein und bloß nicht begeistert oder interessiert wirken. Check.
Nun gut. Nachdem wir jetzt also wissen, was wir absolut NICHT tun sollen, geht es im nächsten Kapitel dann darum, wie wir unsere Macht erhöhen. Ok cool, bring it on.
Sag das Zauberwort und du hast die Macht!
Viele der Verhandlungstechniken kennt man schon irgendwie. Klassiker wie „Guter Bulle, böser Bulle“ sind dabei. Die Preis-Ankertechnik ebenfalls. Soweit, so basic.
Ein paar weirdere Tricks gibts noch on top: Wenn du eine Wohnung vermietest, dann lade doch noch alle deine Freunde und deren Mütter zur Massenwohnungsbesichtigung ein, damit bei den echten Interessenten ein Gefühl von Knappheit entsteht.
„Das Gefühl der Knappheit wird durch scheinbaren Wettbewerb angekurbelt: Wenn jeder Ihre Sache will, ist sie besonders knapp und Ihre Macht am größten.“
Dann stellt der Autor „Pick up Artists“ auch noch als positives Beispiel vor. Srsly I cant. (Falls du nicht weißt, was der Bullshit ist, hier die kleine Definition von Wikipedia).
„Nun muss noch die wahrgenommene Macht der Frau herabgezogen werden. Wie? Mit dem sogenannten Negging. Man zieht sie runter, ohne dabei unverschämt zu sein: ‚Die an der Garderobe hatte genau das gleiche Kleid an wie du, aber bei dir sieht es einfach besser aus.‘ Oder: ‚Du hast schöne vorstehende Zähne, das ist so süß‘.“
Ja, gar nicht unverschämt, richtig charmant und ein total gutes Beispiel für klasse Verhandlungen.
Auch Zeitdruck erhöht unsere Macht. Da geh ich mit, leuchtet mir ein. „Jetzt noch schnell zum rabattierten Preis buchen, um Mitternacht steigt der Preis!“, jo, das zieht.
Die nächste Empfehlung ist wieder so ne dreckige Methode, bei der ich das Buch fast weggelegt hätte: Die letzte Instanz. Am besten lügt man nämlich und sagt, man ist gar nicht die Person, die das letzte Wort hat. Mein Chef/die Finanzabteilung/meine Oma hat aber gesagt, dass ich den Preis nicht senken darf. WOW ECHT JETZT???
Das Skript, das im Buch vorgeschlagen wird, lautet wie folgt (issn Knaller, schreib mit): „Ich weiß, dass dem Ausschuss schon eine ganze Reihe von sehr guten Angeboten vorliegt, insofern müssten Sie schon etwas runter gehen, auch wenn ich persönlich Sie ganz toll finde.“ 😂😂😂 Sorry aber wassss. Getoppt wird das eigentlich nur noch vom zweiten knallharten Verhandlungsvorschlag. Einfach sagen: „Sie müssen nicht mich überzeugen, sondern meine Frau.“ (sic!)
Uff, was geht sonst noch so im Buch
Der Rest des Buches ist dann nicht mehr ganz so schlimm, zumindest hab ich nicht mehr viele Notizen zum Rest. Es dreht sich dann vorrangig um die Beziehung zu unserem Verhandlungspartner und einige weitere Verhandlungsmethoden werden angesprochen (Ankern, das Prinzip der Gegenseitigkeit, Framing,…). Gesalzen mit einem kleinen Kapitel, das sich „Effektiv drohen“ nennt. Wow. Macht das Bock. Warum hat man das Buch nicht „wie werde ich zum unsympathischsten Dienstleister in nur wenigen Schritten?“ genannt? Es ist mir ein Rätsel…
Mein Fazit zu "Deal!"
Würde ich es nochmal lesen? Nein. Empfehle ich das Buch? Nein. Hab ich was daraus gelernt? Ja, schon. Auch, wenn ich 85 % der im Buch vorgestellten Methoden sicherlich nicht in mein persönliches Verhandlungsrepertoire aufnehmen möchte, so ist das Wissen um diese Tricks doch zumindest dafür gut, dass ich eine Verhandlung sofort beenden würde, sollte sie mein Gegenüber an mir anwenden wollen.
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