16.08.2023
Wer mir schon länger folgt, der weiß, dass ich nicht nach Stundensatz, sondern fast ausschließlich mit Retainern und Projektpreisen arbeite.
Natürlich weiß ich trotzdem, was meine Zeit wert ist und benutze einen „internen Stundensatz“. Ich dachte immer, das sei vollkommen klar, wie man den berechnet, aber in Gesprächen ist eine oft gestellte Frage, wie genau man das denn herausfindet. Daher [*Influencer-Modus on*] weil so viele gefragt haben: So berechne ich meinen internen Stundensatz.
Unterscheidung: externer und interner Stundensatz
externer Stundensatz: Stundensatz, den du an Kund*innen rausgibst; enthält nicht nur deine reine Arbeitszeit, sondern auch deinen Gewinn und Puffer -> Was kostest du deine Kund*innen?
interner Stundensatz: geht niemals an Kund*innen raus, sondern dient ausschließlich dir selbst zur Kosten- und Angebotsplanung; enthält deine reinen Kosten, ohne Gewinn -> Was kostest du dich selbst?
Und so rechne ich meinen internen Stundensatz aus
Diese Werte muss ich für den ersten Step wissen:
- mein Jahresgehalt inkl. aller Nebenkosten
➡️ Falls du dir kein festes Gehalt auszahlst, dann nimm entweder den Durchschnitt aller Auszahlungen, die du dir so überweist oder (wenn du noch gar keine Ahnung hast) recherchiere Gehälter gleichwertiger Funktionen von Vollzeitangestellten und schlage darauf ca. 25 % Lohnnebenkosten auf. - wie viel ich im Jahr arbeiten kann (und will)
➡️ Urlaub und Krankheit nicht vergessen! Mal konkret gemacht: Bei einer normalen 5-Tagewoche gibt es rund 250 Arbeitstage pro Jahr. Zieh davon noch 30 Tage Urlaub und 5 Tage Krankheit ab, bleiben effektiv noch 215 Arbeitstage übrig. - wie viel Zeit ich durchschnittlich mit Kundenarbeit verbringe
➡️ Auch nicht zu vergessen: Weitaus nicht jede Stunde, die ich arbeite, ist auch eine Stunde, die ich Kund*innen in Rechnung stellen kann. Buchhaltung, Akquise, Weiterbildung… Wenn du, wie ich, deine Zeit trackst, dann weißt du das sehr genau. Ansonsten würde ich nicht mit mehr als 75 % effektiver Arbeitszeit rechnen, eher noch weniger. (Track mal deinen Tag, du wirst überrascht sein!) Bei einer Annahme von 75 % Kundenarbeitszeit und einer regulären Arbeitszeit von 8 Stunden am Tag, bleiben also noch 6 Stunden übrig.
Machen wir das an einem konkreten Beispiel fest:
Angenommen, du zahlst dir selbst 5.000 € im Monat aus. Mit 25 % Lohnnebenkosten (oder entsprechend Einkommenssteuer) liegen wir da bei 6.250 €. Im Jahr also Kosten von 75.000 €.
Du willst generell an 5 Tagen pro Woche arbeiten, gibst dir 30 Tage Urlaub und rechnest mit 5 Tagen Krankheit pro Jahr. Macht also, wie oben schon gesagt, 215 Arbeitstage.
Die effektive Kundenarbeitszeit nehmen wir optimistisch mit 75 % an. Macht dann also:
75.000 € Gehaltskosten : (215 Arbeitstage * 0,75 Effektivität) : 8 Stunden
= 58,14 € pro Stunde
So, Schritt 1 ist geschafft! Damit haben wir einen Teil des internen Stundensatzes ausgerechnet. Hier ist aber noch nicht das Ende erreicht, obwohl viele an dieser Stelle mit ihrer Rechnung aufhören.
Overhead: Fixkosten und variable Kosten
Allerdings fehlen hier noch deine weiteren Fixkosten sowie die variablen Kosten! Was ich zum Beispiel meine:
- Kosten für deine verwendete Software
- Buchhaltung
- weiteres Personal
- Technik
- Weiterbildung
- Büromiete
- Büromaterial
- Versicherungen
- …
Also alles, was du für dein Business ausgibst. Manchmal, in Agentursprech, nennt man das auch „Overhead„.
Klar, die variablen Kosten sind auf den ersten Blick nicht so leicht zu schätzen. Wenn du z.B. gerade nicht weißt, wie viel Geld du nächstes Jahr für Weiterbildungen ausgeben willst, dann plane mit Budgets. Nimm also z.B. an, du wirst 2024 für Weiterbildungen insgesamt 1.500 € ausgeben. Damit planst du diese Kosten schon in deinen internen Stundensatz ein.
Wir machen das wieder einem Beispiel durch:
Rechnen wir das mal wieder an einem konkreten Beispiel durch:
- Software: 2000 €
- Buchhaltung: 3500 €
- Technik: 2500 €
- Weiterbildung: 1500 €
- Büromaterial: 500 €
➡️ Gesamtkosten von 10.000 €, die wir nun ebenfalls auf Stundenkosten herunterrechnen:
10.000 € : 215 Arbeitstage : 8 Stunden = 5,81 €
Im letzten Schritt summieren wir diese beiden errechneten Werte:
58,14 € + 5,81 € = 63,95 €
Das kostest du dich also selbst pro Stunde. Wichtig: Darin ist noch kein Euro Gewinn enthalten. Das sind die reinen Kosten, daher der Name: „interner Stundensatz“. Den gibst du so niemals, niemals an Kund*innen weiter.
Wofür du deinen internen Stundensatz nutzen kannst
Der interne Stundensatz kann aber bei Kalkulationen helfen. Zum Beispiel:
- Ab wann lohnt es sich, Arbeit an Freelancer auszulagern?
Achte hierbei auch auf Opportunitätskosten! Ich kann in der „gesparten Zeit“ ja auch noch was anderes machen. - Ab wann ist ein Projekt (un-)rentabel?
Ich sehe so auf einen Blick, wenn Projekte komplett unrentabel sind für mich: Jemand bietet mir einen Halbtagesauftrag für ein Honorar von 200 € an? Laut unserer Beispielrechnung lohnt sich das nicht für mich.
Und selbstverständlich hilft dir dein interner Stundensatz auch bei der Kalkulation von Angeboten – oder ja, natürlich auch für deinen Stunden-/Tagessatz, wenn du damit arbeitest (aber lies dir meinen Post zum Thema Retainer durch! 👀).
Und was fehlt in unserer Rechnung bisher? RICHTIG! Puffer und Gewinn. Und noch einiges mehr. Das gehört in deinen externen Stundensatz bzw. in deine Angebotskalkulation. Dafür schreib ich demnächst mal einen eigenen Post, sonst wird das hier nur weiteres Formelgebashe, haha!
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