13.01.2023
Wie gestalte ich eigentlich meine Preise? Darüber will ich heute ein bisschen genauer bloggen und meine favorisierte Pricingmethode – Retainer und Projektpreise – genauer erklären. Außerdem schreib ich, warum ich weg von der Abrechnung nach Stundensatz bin und auch, warum ich dem oft als „heiligen Gral“ beschriebenen „value based pricing“ nicht nachgehe. Los gehts!
Gängige Abrechnungsmethoden als Selbstständige:r: Das gibts so
Zu Beginn der Selbstständigkeit habe ich mich natürlich gefragt, wie ich meine Preise und Angebote gestalten will. Und im Prinzip gibt es da nur drei Möglichkeiten:
Stundensatz
Du legst deinen Stundensatz fest und rechnest die verbrauchte Zeit ab.
Retainer
Du vereinbarst eine feste Leistung zu einem festen Preis.
(oder Projektpreise)
wertbasiert
Du preist zusätzlich auch noch den Wert ein, den deine Leistung für den Kunden/die Kundin hat.
Wie wahrscheinlich viele Freelancer:innen auch, hab ich zu Beginn meiner Selbstständigkeit mit der Abrechnung nach Stunden- und Tagessatz begonnen.
Bedeutet, ich hab zum Start einfach entschieden, dass mein Stundensatz bei 75 € liegt und ein Tagessatz dementsprechend bei 600 €. Wie ich das festgelegt hab?
Ganz einfach: Ich hab mit anderen Freelancer:innen gesprochen, wusste aus Agenturzeiten auch selbst „was so üblich“ war und hatte gelesen, dass 75 € die unterste Grenze sein sollte, wenn man profitabel arbeiten will. Eine eigene Berechnung stand damals noch nicht dahinter (großer Fehler aber naja, so war das damals 2018).
Vor- und Nachteile bei der Abrechnung nach Stundensatz
Die Vorteile bei der Abrechnung nach Stunde erscheinen vielleicht direkt offensichtlich, aber hier nochmal die Vor- und Nachteile in der Übersicht, inklusive meiner Meinung dazu (nach der niemand fragte, aber du hast auf diesen Blogpost geklickt daher naja, selbst Schuld):
- transparente Abrechnung: jede geleistete Stunde wird bezahlt (im besten Fall)
Als ich neu in die Selbstständigkeit gestartet bin, da wusste ich noch überhaupt nicht, wie schnell oder langsam ich bei bestimmten Aufgaben bin. Gerade da kamen mir die Aufträge mit Stundensatz-Abrechnung recht. Denn hier gab es keine Gefahr, dass ich mich zeitlich total verschätze und einen Pauschalpreis anbot, der null dem Aufwand gerecht wurde.
- ich kann direkt losarbeiten
Arbeite ich auf Stunden-/Tagessatz, dann muss ich das Projekt vorab nicht in seiner Gänze verstehen: Ich kann einfach anfangen zu arbeiten. Ich muss nicht vorab schätzen (wie bei Retainern), wie lange ich nun in etwa brauchen werde. Es ist hier also quasi unmöglich, zeitlich daneben zu liegen.
- je effektiver du arbeitest, desto weniger Geld bekommst du
Eigentlich absurd: Je mehr Erfahrung ich hatte und je fokussierter ich arbeiten konnte, desto weniger Geld bekam ich. Toll, dass ich ein Problem in nur 2 Stunden lösen konnte, für das jemand anderes vielleicht 4 gebraucht hätte. Ja sicher, auch Stundensätze können mit steigendem Erfahrungsgrad erhöht werden, aber auch nur bis zu einem gewissen Grad.
- Diskussionen über Stundenzettel
Das vielleicht aller, aller nervigste: Wenn der/die Ansprechpartner:in in Frage stellt, ob man „wirklich 4 Stunden an dieser Aufgabe saß“ oder „warum das nicht schneller ging“. Wie oft saß ich am Ende da und grübelte viel zu lange darüber nach, ob ich „30 Minuten Idee für Konzept finden“ nun wirklich aufschreiben und abrechnen sollte, weil ich wusste, dass es bei bestimmten Personen garantiert wieder eine ebenso lange Diskussion nach sich ziehen würde. „War dieses 20-minütige Telefonat jetzt 20 Minuten Business und abrechenbar oder ziehe ich die 5 Minuten Smalltalk ab????“ Aaaaaaaaaaaaaah Kopfschmerz
Erst später hab ich mich dazu entschlossen, keine Stundensätze mehr rauszugeben (bedeutet nicht, dass ich meinen internen Stundensatz nicht kenne!), sondern langfristige Projekte in Retainern abzurechnen und kurzfristige Projekte in Projektpreisen.
Auch heute noch passiert es oft, dass ich nach meinem Stundensatz gefragt werde. Klar, ist halt irgendwie „gelernt“. Vor allem, wenn die anfragende Seite eine Agentur ist. Wenn ich dann sage, dass ich nicht nach Stundensatz arbeite, ist die Verwirrung oft groß. Wie rechne ich denn dann ab? Nun ja, so:
Ich arbeite mit Retainern und Projektpreisen
Mit steigender Erfahrung (und Selbstbewusstsein), hatte ich keine Lust mehr auf Stunden- und Tagessatzdiskussionen.
Es hat mich schon immer gestört, dass Stundensatz-Aufträge so input-fokussiert waren. Bedeutet: Je mehr Zeit ich in das Projekt stecke, desto mehr Geld bekomme ich dafür. Krass gesagt: Warum sollte ich mich schnell um eine Lösung bemühen, wenn ich auch in aller Ruhe Zeit auf dem Projekt „verschwenden“ könnte. Versteht sich von selbst, dass ich das natürlich nicht machte, aber ein Ansporn, möglichst effektiv zu arbeiten, ist bei der Abrechnung nach Stundensatz ja auch nicht da.
Außerdem waren Aufträge so schlecht planbar für mich: Da ich einfach stumpf nach Stunden abrechnete, konnte sich ein Auftrag auch schon mal über eine längere Zeit ziehen. Schwierig, da seine eigenen Kapazitäten im Blick zu behalten.
Irgendwann kam mir das vor wie eine Lose-Lose-Situation: Ich hatte weniger Geld und weniger Planbarkeit. Und na klar, für Agenturen ist das vielleicht ein guter Deal, aber je mehr ich mit Unternehmenskunden arbeitete, desto mehr wurde mir klar, dass das ganze System einfach kein gutes ist. Das musste doch anders gehen!
In der Phase haben mir vor allem auch die Pricing-Videos von The Futur aka. Chris Do die Augen 👀 geöffnet: Eine Abrechnung nach Stundensatz schadete meinem ✨Business✨ aber auch meinem Seelenheil. Und: Es gab ja auch eine Alternative!
Was für mich für Retainer und Projektpreise spricht
Seit 2019 arbeite ich quasi ausschließlich mit Retainern und Projektpauschalen. Finde ich ein viel entspannteres Arbeiten als früher. Und lohnenswerter ist es auch noch. Aber es gibt natürlich nicht nur Vorteile, klar. Das wär zu schön. Hier mal wieder meine kleine, freche Übersicht aller Vor- und Nachteile, die mir dazu einfallen:
- statt um den Input gehts um den Output
Dem Kunden kann es total egal sein, wie viel Zeit (=Input) ich für das Projekt gebraucht hab: Wichtig ist nur, dass das vereinbarte Ergebnis (= Output) stimmt. Nervige Diskussionen um verbrauchte Zeiten entfallen.
- planbare Kosten (für beide Seiten)
In meinen Angeboten steht konkret, was meine Dienstleistung pro Monat (bei längerfristigen Zusammenarbeiten) oder pro Projekt kostet. Der Kunde kann mit den Kosten planen. Es gibt keine Überraschungen. Außerdem weiß auch ich konkret, mit welchen Einnahmen ich rechnen kann.
- mein Ansporn: effektiv arbeiten
Ich kann meine Marge erhöhen, je effektiver ich arbeite. Das kann durch verschiedene Maßnahmen geschehen: Automatisierung, Auslagerung (an Mitarbeiter oder Freelancer) oder Optimierung (von Prozessen und Abläufen). Auch das ist gut für beide Seiten: Ich steigere meinen Profit und der Kunde bekommt ein schnelleres, besseres Ergebnis.
- hoher Klärungsbedarf im Vorfeld
Um ein Angebot erstellen zu können, muss ich das Projekt vollumfänglich verstehen. Der Abklärungsaufwand ist also viel höher als beim arbeiten auf Stundensatzbasis. [ehrlich gesagt: Ich empfinde das inzwischen eher als pro, denn je mehr ich im Vorfeld über das Projekt weiß, desto besser weiß ich auch, wenn ich lieber die Finger davon lassen sollte]
- anfällig für Scope-creep
Gerade, wenn ich die zu erfüllende Leistung im Vorfeld nicht konkret genug abgesteckt habe, kann es schnell zu „Scope-creep“ kommen, also dem nachträglichen Erweitern der vereinbarten Leistung.
Nicht immer steckt da ein böser Wille dahinter, ich hab aber auch schon erlebt, dass mein „Pauschalangebot“ recht schamlos ausgenutzt wurde und Menschen versuchten, meine Grenzen immer wieder bewusst zu verschieben. („Das können wir doch noch machen, geht doch schnell…“)
Ein wenig Spielraum für zusätzlich anfallende Leistungen plane ich immer in meine Angebote ein, ist der Kunde aber dauerhaft von der „Grenzen ausreizen“-Sorte, dann ist das für mich inzwischen ein Grund, die Zusammenarbeit zu beenden.
Und was ist jetzt dieses "Value based pricing"?
Okay, wer aufgepasst hat, dem wird aufgefallen sein, dass ich oben von DREI Pricingmethoden schrieb. Eine fehlt: Der wertbasierte Preis aka. Value based pricing. Hier steht nicht der Input (Stundensatz) oder der Output (Retainer/Projektpreis) im Fokus, sondern quasi allein der Wert, den der Kunde gegenüber dem Projekt empfindet.
Okay, das klingt ganz schlimm theoretisch. Vereinfacht und übertrieben anschaulich gesagt: Auch wenn die Erstellung des Nike Logos nur wenige Stunden Zeit in Anspruch genommen hat, ist der Wert des Logos ungleich höher.
Oder, nochmal anders gesagt, ein Logo, dass ich für eine Autowerkstatt hier nebenan entwerfe, hat einen geringeren Wert, als ein Logo für eine Weltmarke und sollte, laut wertbasiertem Preis, auch dementsprechend anders bepreist werden.
Ich kann das schon verstehen und es ist für mich nicht komplett unlogisch, aber ehrlich gesagt ist das für mich viel zu kompliziert. Im Nachhinein ist es leicht zu sagen „ja gut, Nike Logo is wertvoll, weil wenn ich es auf ein Tshirt packe kann ichs für den dreifachen Preis verkaufen“, aber bei der Erstellung war das ja ggf. noch gar nicht so klar.
Noch dazu kommt, dass Kunden oft gar keinen konkreten Wert benennen können. Das ist zu oft zu abstrakt. „Welchen Wert hat eine gut funktionierende Social Media Strategie für Sie?“ hm ja also, bis das ausdiskutiert worden ist, ist wahrscheinlich schon das nächste Social Network aufm Markt und ein anderer Dienstleister hat sich den Auftrag geschnappt. 💀💀💀
Mein Fazit: Ich liebe Retainer!
Für mich ist das Retainer/Projektpreis-Modell aktuell auf jeden Fall das beste. Dank meinem obsessiven gewissenhaften Tracking weiß ich recht genau, wie lange ich für welche Art von Auftrag brauche.
Meine Kunden schätzen diese Art der Abrechnung ebenfalls: Denn am Ende des Monats gibt es keine bösen Überraschungen und Stundenzettel interessiert keine Sau. 🐷
Na klar, der Erstellungsaufwand für ein Angebot ist für einen Retainer größer, denn ich muss im Vorhinein möglichst das komplette Projekt verstehen – aber naja. Das wär auch bei Abrechnung nach Stundensatz schon besser, oder? 🫠
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