19.06.2024
Ich hatte vor kurzem ein Gespräch mit einem potenziellen Neukunden. Der ältere Herr, der mir virtuell gegenüber saß, war Geschäftsführer einer recht großen Firma mit mehreren Filialen. Bisher arbeitete er mit einer großen Marketingagentur zusammen, die für ihn auch Social Media übernahm.
Warum er dann mit mir sprechen wollte? „Frau Kosche, die Leute da klatschen mir ein Fachwort nach dem nächsten ums Ohr und haben in 2 Jahren Zusammenarbeit nicht ein mal nachgefragt, ob ich weiß, was so ein Lead oder ein KPI ist.“ 🫥 Ah ja, das allseits beliebte Bullshit-Bingo, man kennts.

Warum einfach, wenns auch kompliziert geht (und man damit super schlau wirkt)
Ja, der Herr hätte auch mal nachfragen können, das stimmt schon. Aber wer gibt schon gern zu, dass man von was noch nie gehört hat? Und mal ehrlich: Uns ist allen schon mal passiert, dass wir den „akzeptablen Moment“ verpasst haben, nach einer Information zu fragen, oder? Naja, man hätte es als Dienstleister auch einfach einfacher erklären können.
Vom KISS-Prinzip haben wir wahrscheinlich alle in der Schule gehört: Keep it simple, stupid! Gibt es für etwas mehrere Erklärungen, dann ist die einfachste Variante die, die man bevorzugen sollte.
Und natürlich ist es noch wichtiger herauszufinden, wo ein Kunde wissenstechnisch steht. Durch zuhören, nachfragen, verstehen (wollen).
Konkret: Je weniger Vorwissen mein Kunde hat, desto mehr musst ich über das WARUM meiner Dienstleistung sprechen.
Zum Beispiel:
Warum sind Facebook Ads eine gute Idee (oder auch nicht)?
Warum braucht der Kunde eine Contentstrategie?
Warum ist es besser, eine professionelle Webseite zu haben, als eine, die der Neffe mit zweifelhaftem Baukastensystem zusammengestümpert hat?
Irgendwie ist dem Kunden zwar klar, dass er in meinem Bereich Hilfe braucht (sonst hätte er sich ja gar nicht erst an mich gewandt), aber ob das WIRKLICH der richtige Weg für ihn und sein Unternehmen ist, das muss ich mit ihm gemeinsam herausfinden.
Natürlich sollte es auch nicht so ablaufen, dass ich den Kunden regelrecht überreden muss, meine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Kein Witz, sowas gibt es. Gar nicht mal selten. Menschen, die mich anfragen, nur um hören zu wollen, dass „dieses Social Media“ für sie eh nichts ist, jaja.
Es geht darum, potentielle Kunden so zu informieren, dass sie eine eigenständige Entscheidung treffen können, und nicht darum, sie mit aller Gewalt zu überreden.
Mein Kundenkleeblatt
Anders ist es, wenn ich einen Kunden vor mir hab, der schon einen gewissen Wissensschatz mitbringt. Ich muss in so einem Fall also nicht mehr erklären, warum man sein Facebookprofil nicht „Ju Lia“ oder „Jan Sagichnicht“ nennen sollte, wenn man Ads schalten will oder dass ein 08/15 Stockfoto auf Instagram niemandem mehr vom Hocker reißt.
Je mehr Wissen ein potentieller Kunde mitbringt, desto stärker kann es im Gespräch um das „wie“ meines Angebots gehen.
Wie erreichen wir die Ziele (und sind sie überhaupt realistisch)?
Wie sollten Fotos, Videos und Texte aussehen, damit sich die Zielgruppe angesprochen fühlt?
Wie gestalten wir einen Workshop, der die Fragestellung voranbringt?
Also: Das „warum“ sollte natürlich niemals außen vor bleiben. Generell kann ich aber bei Kunden mit fortgeschrittenem Wissensstand mehr in die konkreten Details gehen, die einen unwissenden Kunden vielleicht eher überfordern würden.

Dieses Kleeblatt hab ich vor einigen Jahren mal in mein Notizbuch gezeichnet, aber nie hier auf jenni.works gezeigt. Warum nicht, fragte ich mich. Ich finds noch immer ganz schlau eigentlich. 😀
Kunde ohne Vorwissen → Braucht mehr „WARUM“ sollte etwas gemacht werden, weniger „WIE“ genau.
Kunde mit Vorwissen → Braucht weniger „WARUM“ und mehr „WIE“ wirds gemacht, um überzeugt zu werden.
Kein Wunder also, dass sich der Herr aus meinem Vorgespräch überfordert gefühlt hat: Er hatte von Social Media nämlich keine Ahnung. Muss er ja auch nicht, dafür gibt es ja uns Marketing-Clowns.
Seiner Agentur behandelte ihn aber so, als hätte er denselben Kenntnisstand wie sie selbst. Kunde so: HUH?

Ich sag nicht, dass Fachbegriffe und Experten-Talk nicht ihre Berechtigung haben – das haben sie! Nämlich dann, wenn ich jemanden vor mir habe, der auch was damit anzufangen weiß. Komme ich so jemandem mit den einfachsten Basics, fragt sich die Person vielleicht, ob ich überhaupt Expertin in meinem Thema bin, wenn ich mich mit so haarkleinen Basics aufhalte.
Man muss es halt herausfinden – und nicht direkt mit dem Bullshit-Bingo starten, nur um zu demonstrieren, dass man ganz viele tolle Fremdwörter und Fachbegriffe kennt.
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